cr_home Metalle Nichtmetalle Strukturchemie Methoden Interm. Phasen Oxide Silicate Strukturtypen
Inhalt 1. Bau + Strukturen 2. Reaktionen + Synthesen 3. Eigenschaften + Anwendungen
Vorlesung: Festkörperchemie

2. Reaktionen und Synthesen

2.4. Synthesen von Festkörpern, Präparative Methoden


Vorlagen und Präsentationen


Voraussetzung für jegliche Anwendung von Festkörpern ist die Synthese neuer und/oder bekannter Feststoffe mit definierter Struktur, Reinheit, Morphologie, Kristallitgröße, Korngrössenverteilung usw.... Erst nach der erfolgreichen Präparation ist die strukturelle Charakterisierung (vgl. Methoden-Vorlesung), die Bestimmung der physikalischen, chemischen oder sonstiger Eigenschaften und schließlich der praktische Einsatz (Anwendung, Nutzen und Gewinn) möglich.

2.4.1. Einleitung, Klassifizierung der Reaktionen

Die Synthese von Festkörpern kann aus festen (s) und/oder gasförmigen oder flüssigen Edukten erfolgen. Bei kristallinen Festkörpern entspricht die Synthese einer Kristallisation, allgemeiner Überbegriff ist Festkörpersynthese. Hierbei ist neben der Chemie (Substanz, Stöchiometrie) auch die Struktur (z.B. bei Polymorphie!) und meist auch die Morphologie wichtig. In der folgenden Tabelle 2.4.1. sind die Reaktionstypen zusammengestellt, die für die Synthese von Festkörpern in Frage kommen. (Kennzeichnung: S = Solid; L = flüssig; V = gasförmig; i = 1 bis n)

Tab. 2.4.1. Reaktionstypen zur Synthese von Festkörpern
Reaktion Bezeichnung Beispiel
L ⟶ S Gefrieren, Erstarren H2O (l) ⟶ H2O (s) (bei T = 0o)
V ⟶ S Resublimation I2 (g) ⟶ I2 (s)
S1 ⟶ S2 Phasenumwandlung α-Sn ⟶ β-Sn (T = 13.2 oC; Zinnpest)
Rekristallisation Entglasung bei Quarzampullen, Samorph ⟶ Skristallin
S1 + S2 ⟶ S3 Festkörperreaktion MgO + Al2O3 ⟶ 1500oC ⟶ MgAl2O4
S1 ⟶ S2 + Σ Vi Zersetzungsreaktion CaCO3 ⟶ 908oCoC ⟶ CaO + CO2
S1 + Σ Vi ⟶ S2 Bildungsreaktion CaO + CO2 ⟶ 908 oC ⟶ CaCO3
2 Cu + O2 ⟶ 1000 oC ⟶ 2 CuO (z.B. Passivierung)
S1 + Σ Vi ⟶ S2 + Σ Vj Austauschreaktion MnO2 + CO ⟶1000oC⟶ MnO + CO2
S1 + S2 ⟶ S3 + Σ Vi Festkörperreaktion Fe2((COO)2)3 + Zn(COO)2 ⟶1000oC⟶ ZnFe2O4 + CO + 4 CO2 Oxalate, niedrigere T als direkt
ΣVi ⟶ S Abscheidung (CVD) HCl + NH3 ⟶ NH4Cl (Labornebel)
ΣVi ⟶ ΣVj + S Chemischer Transport CrI2 ⟶ Cr + I2(g); Reinigung von Metallen (van Arkel)
S1 ⟶ S2 + Σ Li Zersetzung mit L ähnliche Rkt. wie mit V
S1 + Σ Li ⟶ S2 Bildung 2 Hg(l) + K(s) ⟶ KHg2
S1 + L1 ⟶ S2 + L2 Austauschreaktion
ΣLi ⟶ S Molekülchemie, Interhalogene
Σ Li + Σ Vi ⟶ S 8 Cl2 + 46 H2O ⟶0 oC⟶ 8Cl2. 46H2O
S1(l) ⟶ S1 Lösungskristallisation Umkristallisieren von Molekülkristallen
S1(l) + S2(l) ⟶ S3 Lösungskristallisation NaAl(OH)4(aq) + Na2SiO3(aq) + NaOH(aq) ⟶ l200oC⟶ Nax(AlO2)x (SiO2)y . z H2O (div. Zeolithe)

Präparativ wichtig sind (s. weitere Kapitelteinteilung nach Inhaltsverzeichnis) Als Kriterien bei Festkörpersynthese müssen immer zwei Gesichtspunkte berücksichtigt werden:
  1. Nach der Energie-Bilanz der Thermodynamik ist ein Festkörper dann stabil, wenn bei konstantem Druck p und konstanter Temperatur T ein Minimum des Gibb'schen Potentials G erreicht wird. Eine Festkörperreaktion läuft also freiwillig ab, wenn die Gibbs'sche freie Enthalpie \Delta G kleiner 0 ist. Zur Beschreibung dieser Thermodynamik werden die in Kapitel 2.2. und 2.3 besprochenen T/x-Diagramme und ähnliche Phasenbeziehungen genutzt. PD 2/3/N-komponentiger Systeme (bei HT-Synthesen meist T-x)
  2. Zusätzlich ist der Reaktionsweg, die Kinetik der Reaktion, wichtig. Der Transport von Materie im Festkörper bestimmt die Reaktivität fester Stoffe, Bewegungen der Gitterbausteine sind wichtig. Da im idealen Kristall nur als Ganzes bewegbar (keine Einzelschritte für Fortbewegung der Gitterbausteine erlaubt) ist Materietransport im Festkörper immer mit einer Abweichungen vom Ideal-Kristall verbunden. Für die Geschwindigkeitskonstanten bzw. Transportkoeffizienten im Festkörper ist die atomare Fehlordnung wichtig.
Im folgenden: Einteilung nach der in Praxis wichtigen Reaktionstypen:

2.4.2. Festkörperreaktionen

% H. Schmalzried: Festk�rperreaktionen: Chemie des festen Zustands % (Kap.2: Einf�hrung) % (Kap.6: Feststoffreaktionen Ionenkristalle) % (Kap. 7. f�r Metalle) % (Kap. 8. fl + g +s = fest % % 6. f�r Ionen 7. f�r Metalle % 6.1. in einphasigen Systemen % Ionen Metalle % 6.1.1. Homogenreaktionen bei vollst. Mischkristallreihe % 6.1.2. in inhomogenen Medien % 6.1.3. in quasibin�ren Medien % % 6.2. in mehrphasigen Systemen % Spinellbildung mit Verbindungsbildung % mehrphasige Produkte Ausscheidungsvorg�nge % Doppelumsetzungen % % % 8. fl + g +s = fest Definition Rkt. mit lokalem Massetransport in kristallinen Phasen Beteiligung von l/g erlaubt, aber Feststoff mu� entstehen (z.B. auch Zersetzungs-Rkt./Oxidation von Metallen) Die Einteilung von Festk�rper-Reaktionen erfolgt (analog Klassifizierung in Kinetik) nach
  1. Homogen-Reaktionen
  2. Reaktionen in einphasigen inhomogenen Systemen
  3. Heterogen-Rkt. (mit Phasengrenzen, �ber die Stoff transportiert wird)
Dabei sind die Reaktionen von Typ 1 und 2 eher von grunds�tzlichem theoretischen Interesse, zugleich aber auch immer Teilschritte komplexerer Reaktionen. Die Heterogenreaktionen (4) sind f�r Pr�paration von Festk�rpern extrem wichtigste Reaktionen. %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% % Chemische Reaktionen zwischen festen kristallinen Stoffen % im allgemeinen exotherm %Trotzdem % die meisten chemischen Festk�rperreaktionen leicht isotherm f�hrbar %da: Reaktionsgeschwindigkeit so langsam % da� die pro Zeitneinheit entstehende % W�rmemenge leicht abgef�hrt werden kann. %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% Im folgenden werden zuerst einphasigen Reaktionen (1 und 2) kürzer, dann die eigentlichen Festkörperreaktionen (3) ausführlicher behandelt. % Literatur: H. Schmalzried: Festk�rperreaktionen - Chemie des festen Zustands % U. Schubert, N. H�sing %% Synthesis of Inorganic Materials %% VCH, 2004
1. Homogenreaktionen
Merkmal einer Homogenreaktion ist, dass die gesamte Reaktion innerhalb einer homogenen Phase stattfindet. Diese Reaktionen sind damit Grundschritte vieler anderer kombinierter 'echter' Reaktionen und daher entsprechend gut untersucht. Es sind auch verschiedene mathematische Modelle für diese Reaktionstypen entwickelt worden.

Zwei Beispiele:

  1. Kationenverteilung in Ni-Spinell Nickelspinell, NiAl2O4, ist ein Normalspinell in dem die O2--Ionen kubisch dicht gepackt sind und Ni2+-Ionen 1/8 der Tetraeder-, Al3+ 1/2 der Oktaeder-Lücken besetzen. Bei anderen Temperaturen wird die Inversspinell-Struktur stabiler, bei der sich Al3+ in einem Achtel der Tetraeder- und Al3+- und Ni2+-Ionen gemeinsam in der Hälfte der Oktaederlücken befinden. Bei einer Temperaturänderung kommt es also zu einer Kationenumverteilung, die als Diffusionsprozess über die freien Tetraeder- und Oktaederlücken verläuft, etwa nach der Formel:
    NiTL2+ + AlOL3+ ⟶ NiOL2+ +AlTL3+
    Insgesamt handelt es sich um einen ziemlich komplizierten Prozeß, bei dem Fehlstellengleichgewichte, die auch für sehr viele andere Reaktionen entscheidend sind, wichtig sind.
  2. Frenkel-Fehlordnung in AgBr In AgI/AgBr sind die Halogenid-Ionen kubisch innenzentriert gepackt. Die Ag+-Ionen können abhängig von der Temperatur diverse Läcken besetzen (sog. Untergitterschmelzprozesse).
Obwohl diese Reaktionen eher von theoretischem Interesse sind und nicht direkt als echte Präparationen zu bezeichnen sind, sind sie doch Teilschritte vieler komplizierter Reaktionen:
2. Reaktionen in einphasigen inhomogenen Systemen
Merkmal von einphasigen inhomogenen Reaktionen sind Diffusionsvorgänge im einphasigen System, die aufgrund von Konzentrationsgradienten auftreten. Hierzu drei typische Beispiele:
  1. Die Diffusion von Kohlenstoff in Eisen ist für die Oberflächenhärtung von Eisen (z.B. bei der Herstellung von Werkst¨ucken wie Kurbelwellen) wichtig. Hierbei wird Eisen in Kohlenstoff auf 950 oC, d.h. in den Austenitbereich, erhitzt. An der Oberfläche des Werkstücks bildet sich damit also der bei dieser Temperatur stabile Austenit (γ-Fe + C). Danach diffundiert der Kohlenstoff ins Innere des Werkstücks hinein, entsprechend einer Reaktion im einphasigen inhomogenen System. Beim Abkühlen entsteht schließlich Martensit, also metastabiles γ-Eisen mit Kohlenstoff.
  2. Auch die bei der Dotierung von Halbleitern verwendeten Diffusionsverfahren zur Herstellen der p- bzw. n-Dotierung gehören zu den einphasigen homogenen Reaktionen.
  3. Diffusionsglühung von MgO + NiO: Sowohl MgO als auch NiO kristallisieren in der NaCl-Struktur. Die beiden Oxide bilden auch eine lückenlose Mischkristallreihe, so dass die Einstellung des Gleichgewichts und die Bildung einer homogene Phase MgxNi1-xO (ohne Gradient in x) ebenfalls zu dieser Gruppe von Reaktionen gehört.
Entscheidend für die Geschwindigkeit dieser Reaktionen ist ganz offensichtlich die Beweglichkeit der Teilchen im Festkörper. Mit dem sog. Kirkendall-Effekt kann die unterschiedlicher Mobilität der Atome - vor allem bei Metallen - sichtbar gemacht werden. (Bei Salzen ist der Effekt wegen der stets erforderlichen Elektroneutralität nicht so stark zu erkennen). Da in Messing (Cu-Zn-Legierungen) Zink weniger beweglich ist als Kupfer, kommt es bei der Legierungsbildung zu auffälligen Volumenveränderungen, die in Abbildung 2.4.1. gezeigt sind.
Abb. 2.4.1. Kirkendall-Effekt ‣ SVG
3. Heterogenreaktionen
Charakteristika von heterogenen Festkörperreaktionen sind feste Ausgangsstoffe, die Produkte sind durch Phasengrenzen separiert. Diese Art von Reaktionen ist extrem wichtig in der präparativen Festkörperchemie und wird vor allem für hochschmelzende, unlöslichen Festkörper (vor allem bei Oxiden) in Gebrauch. Im allgemeinen sind Reaktionen diese Typs aus mehrfacher Hinsicht nicht günstig, sie sind aber oft nicht vermeidbar.
Praktisch werden die gemahlenen Pulvermischungen auf meist sehr hohe Temperaturen zwischen 1000 und 1500 oC erhitzt und bei diesen Bedingungen für lange Zeit gehalten. Als Produkte entstehen immer nur Pulver. Auch wenn die Reaktion thermodynamisch eindeutig ist, erfordert allein die Kinetik in diesen Fällen immer die Anwendung hoher Temperaturen.

Zwei typische Beispiele für Heterogenreaktionen:

  1. Zur Herstellung des III/V-Halbleiters AlSb werden die beiden Elemente Aluminium und Antimon zusammengepreßt. Wegen der sehr unterschiedlichen Strukturen ist das Produkt zwar einkristallin, dazwischen bildet sich aber eine polykristalline Grenzschicht.
  2. Die Spinellbildung ist eine sehr typische Festkörperreaktion, die z.B. bei der Herstellung von Thenards-Blau (CoAl2O4) in der Analytik verwendet wird. Dabei ist stets die lokale Elektroneutralität der Probe zu beachten. Wird eine Platte aus NiO und Al2O3 zusammengedrückt und auf Temperaturen zwischen 1400 und 1500 oC aufgeheizt, so bildet sich Ergebnis: spinellbildung.ps Teilreaktionen: (vgl. Vorlage) Die hierbei ablaufenden Teilreaktionen sind: Die Gesamtreaktion ist:
    4 NiO + 4 Al2O3 ⟶ 4 NiAl2O4
    Wegen der Elektroneutralität müssten bei der Verschiebung von drei Nickel-Ionen nach rechts zwei Aluminium-Ionen nach links verschoben werden. Auf der Al2O3-Seite wird damit dreimal so viel Spinell gebildet wie auf der NiO-Seite, da die Al2O3-Seite drei mal schneller wächst. Wichtig ist auch, dass alle Ionen durch die gebildete Produktschicht hindurch diffundieren müssen.
Wichtige Parameter bei Festkörperreaktionen sind
  1. Kontaktfläche zwischen den Reaktanden
  2. Keimbildungsraten
  3. Diffusion der Ionen durch die Grenzschichten (Reaktionskinetik)
Zu den einzelnen Punkten und die Folgerungen, die sich daraus für die Praxis ergeben:
  1. Kontaktfläche: Die Reaktionsrate ist in etwa proportional zur Oberfläche der Partikel. Die Größe der Oberfläche hängt von der Partikelgr��e direkt ab. 1 g eines Einkristalls (Würfel) haben eine Fläche von 10-4m2, 1 g eines Pulver mit einer Korngr��e von 10 \mu m (10-3cm) W�rfelchen: 10-1m2 und 1 g eines Pulvers mit 100 \AA (z.B. nach langem Mahlen) hat eine Fläche von 100 m2. Aus diesem Beispiel wird sofort deutlich, dass es zur Optimierung der Reaktion ist daher praktisch erforderlich ist, die Edukte fein zu Mahlen oder zu M�rsern und ein m�glichst feines Pulver als Edukt zu verwenden. Durch diese mechanische Vorbehandlung werden zus�tzlich mehr Fehlordnungen und Oberflächendefekte eingeführt. Gegen Blockierschichten ist auch das Zwischenmahlen zwischen den Glühphasen nützlich. Durch Pressen (am besten Heißpressen) wird zusätzlich die Kontaktfläche zwischen den Kristalliten vergrößert.
  2. Die Keimbildung wird durch strukturelle Verwandtschaft der Reaktanden mit den Produkten Art/Ausmaß der strukturellen Umbildungen bestimmen Geschwindigkeit der Festkörperreaktion. Die bekannteste Reaktion ist hierzu die Spinellbildungsreaktion, wo die O2--Ionen in allen Reaktanden dicht gepackt sind und diese O2--Schichten praktisch den Keim der Spinellbildung darstellen. Auf der NiO-Seite kann sogar die kubische ABC-Stapelfolge beibehalten werden während auf der Al2O3-Seite zwar die gleiche Grenzsschicht vorliegt, aber die Schichtfolge in die hexagonale Stapelfolge umgewandelt werden muss. Diese 'Passungen' treten natürlich nur bei einer geschickten Vorzugsorientierungen der Edukte und Produkte auf. Bei diesen Passungen unterscheidet man verschieden Arten:
    1. Unter Epitaxie versteht man eine zweidimensionale Passung der Grenzfläche. Voraussetzung ist die gleiche Oberflächenstruktur und ähnliche Gitterkonstanten (ca. bis 15% Abweichung (z.B. Spinell -- Al2O3-Grenzfläche).
    2. Topotaxie ist dagegen die vollständige dreidimensionale Passung, Produkt und Edukt haben eine 'gleiche' (Teil)-Struktur (z.B. Spinell -- NiO, beide mit f.c.c.-Stapelfolge).
    Epitaktisches und topotakisches Wachstum sind schneller und orientiert.
  3. Die Diffusion bzw. Kinetik erfolgt über Leerstellen und Kristallbaufehler und ist stark vom System abhängig. Sie kann experimentell nur schwer beeinflußt werden, ist aber generell bei großen Temperaturen ebenfalls groß. Die Reaktion erfolgt in drei Teilschritten:
    1. Transport von Materie an die Reaktionsfläche
    2. Reaktion an der Grenzfläche
    3. Transport von Materie von der Grenzfläche weg
Experimentelles (Edukte) meist komplexe Rkt. zahlreiche Tricks und Feinheiten (z.B. T-Programm) einfachster (?) Weg: Mixed-Oxide Route besser: Einsatz von Precursoren (Carbonate/Oxalate) nicht hygroskopisch (wie viele Oxide) feinere Verteilung der Metallionen grössere Oberfläche gute Durchmischung mehrerer Ionen z.B. Carbonate Zersetzung bei 700 o C noch besser: Systeme mit richtige Metallverhältnis: z.B. Ni3Fe6(CH3COO)_17O3OH \cdot 12 C5H5N MnCr2O7 . 4 C5H5N bei 400 oC Organik weg, Spinell-Bldg. bei 1000 oC Die Anwendung von Festkörperreaktionen (Produkte) sollten wann immer möglich vermieden werden, da sie langsam und hohe Temperaturen erfordert und damit insgesamt immer sehr teuer ist. Für hochschmelzende hochpreisige Verbindungen ist sie aber unabdingbar, z.B. für: Festkörperreaktion erfordern in der Technik sehr aufwändige Apparate wir Mühlen, Drehrohröfen (für Pulver), (Heiß)Pressen (für die Formgebung) oder Brennöfen (für Keramiken).

2.4.3. Kristallisation aus Lösungen, Schmelzen, Gläsern und Gelen

Während man bei den Festkörperreakionen komplett unterhalb der Liquidus-Linie arbeitet, ist bei Kristallisationen aus Lösungen oder Schmelzen, die Mobilität der Teilchen in der nun flüssigen Phase besser. Damit sind Synthesen auf diesem Weg die einfachste und häufigste Methode zur Herstellung von Feststoffen. Die Ausgangsstoffe liegen homogen, einphasig oder amorph vor. Ob man von einer Lösungs- oder einer Schmelze-Reaktion spricht ist kein grundsätzlicher Unterschied sondern lediglich die Frage des Temperaturniveaus. Wegen der beteiligten flüssigen Phsae ist die Mobilität der Reaktionspartner erhöht, die Kinetik (gegenüber der Festkörperreaktion) nicht mehr so entscheidend. Daher kann man sich in diesen Fällen meist auf die Aussagen der Thermodynamik, d.h. die Phasendiagramme verlassen. Einkristallzüchtungen sind ebenfalls meist gut möglich.
a) Kristallisation aus Lösungen und Gelen
Das Auflösen von Feststoffen in einem L�sungsmittel und wieder ausf�llen ist ein aus dem Labor allen wohl bekanntes Reinigungsverfahren (z.B. OC). Die allgemeine Thermodynamik läßt sich im einfachsten Fall aus einem Zweikomponenten-Phasendiagramm ersehen, das das Lösungsmittel als zweite Komponente enthält. Bei realen Synthesen sind dagegen häufig ternäre oder multinäre Systeme wichtig.
Abb. 2.4.2. Kristallisation aus L�sungen ‣ SVG
Die Abbildung 2.4.2. zeigt den einfachsten Fall eines Festkörpers mit hohem Schmelzpunkt, der in einem Lösungsmittel löslich ist. Bleibt die Lösung immer flüssig (Arbeitsbereich = RT) damit ist ein breiter Temperaturbereiche als Arbeitsbereich möglich: T_E bei kleinen Stoffkonzentrationen X_s unterhalb Liquidus-L. metastabiler Unterk�hlungsbereich (Ostwald-Miehrs-B.) erst beim Unterschreiten spontane Keimbildung im metastabilen Bereich komplexe Vorg�nge und Parameter: Mechanismen, Kinetik
  1. Bildung von Assoziaten aus Monomeren A:
    A + A ⟶ A2
    A2 + A ⟶ A3
  2. Aufbau von Clustern :
    An + A ⟶ An+1
  3. Bildung des kritischen Keims Am* und dessen Wachstum:
    Am-1 + A ⟶ Am*
    Am* + A ⟶ Am+1
  4. Anlagerung an makroskopische Kristallfl�chen \Omega :
    \Omega + A ⟶ \Omega A
Als Parameter für Steuerung der Kristallite-Größe, -Form usw.) sind möglich:
  1. Abkühlungsgeschwindigkeit
  2. Haltezeiten
  3. hydrodynamischer Zustand (Rühren)
  4. Konzentration an gelösten/ungelösten Fremdstoffen, Keime
  5. Art des Lösungsmittels und des Solvatationszustands
Praktische Anforderungen an das Lösungsmittel sind, dass es nicht im Feststoff löslich ist, sich leicht wieder vom Niederschlag abtrennen lä"st und bei Raumtemperatur flüssig ist. Als wichtigste Fällungsmöglichkeiten sind (a) Eindampfen oder (b) Abkühlen gebräuchtlich. Daneben gibt es aber auch Spezialverfahren wie z.B. Ausfrieren des Lösungsmittels, Aussalzen mit einem starker Elektrolyten, Zerstäubungs- und Gefriertrocknen. Zur Steuerung der Kristallitgröße: Wenn deutlich unterhalb des Schmelzpunktes kristallisiert wird, entsteht i.A. ein sehr feinkristalliner Niederschlag. Bei Massenkristallisation wird wegen der Keimbildung möglichst im metastabilen Bereich gearbeitet. Durch den Zusatz von Keimen kann die Kristallisation innerhalb der metastabilen Zone erfolgen und es kommt nicht zur Sekundärkeimbildung.

Die wichtigsten Apparate zur technischen Kristallisation sind in Abbildung 2.4.1. schematisch gezeigt:

Abb. 2.4.1. Kristallisatoren ‣ SVG
Verwendung finden Kristallisationen aus Lösungen Von diesen einfachen Lösungskristallisationen abgeleitete Spezialverfahren sind die Hydrothermalmethode, bei der aus überkritischer wässrigen Lösungen kristallisiert wird, und die z.B. für die Synthese von Quarz verwendet wird sowie Sol-Gel-Synthesen.
b) Kristallisation aus Schmelzen
Kristallisationen auf Schmelzen unterscheiden sich von denen aus Lösungen nur durch das Temperaturniveau. Es werden praktisch nur Kühlungskristallisation aufgeführt. Da sich meist nur wenige Keime bilden, sind Einkristallzüchtungen möglich (s. Kap. 2.5.). Die Thermodynamik ist wieder aus den jeweiligen Phasendiagrammen erkennbar. In Abbildung 2.4.X. sind typische Beispiel zusammengestellt:
Abb. 2.4.X. Produkte bei Kristallisationen aus Schmelzen ‣ SVG
für die unterschiedlichen Arten von Phasendiagrammen aus Abb. 2.4.X:
  1. einfach eutektisch: A oder B (\ding192, \ding194) kristallisiert erst, gro�e Kristalle, da ausreichend Zeit dann schlagartig Eutektikum (meist polykristallin) Zusatz von A bei Kristallzucht von B: A wirkt als Flux direkt beim Eutektikum ⟶ nur A und B feinkristallin
  2. kongruent schmelzende Verbindung: gut (auch einkristallin) aus Schmelze der entspr. Zusammensetzung \ding196
  3. inkongruent schmelzende Verbindung AB Abk�hlung direkt bei der Zusammensetzung AB \ding198: erst B, dann AB, Rest: Eutektikum also f�r Pr�paration: A-reicher abk�hlen (z.B. \ding197) oder: AB Abschrecken + unterhalb der peritektischen T tempern
  4. Mischkristallbildung keine homogene Phase: Kern mit Zusammensetzung x, Schale mit Zusammensetzung A \ding199
Verwendung finden Schmelzkristallisationen bei 'unlöslichen', nicht allzu hoch schmelzenden Feststoffen, hauptsächlich für Metalle, Legierungen und Halbleiter (GaAs). (näheres bei Kristallzüchtung, Kap. 2.5.). Auch Kristallisation von Gläsern, die ja unterkühlte Schmelzen sind, also die Rekristallisation oder Entglasung geh"ort zur Gruppe der Schmelzkristallisationen. Die Apparate, die für die Kristallisation aus Schmelzen eingesetzt wer für polykristalline Pulver aus Schmelzkristallisationen nur bei niedrigen Mp OC Carney-Kristallisierband Kristallisierkolonne mit Rücklauf Ein Sonder-Kapitel zu einem eleganten, etwas speziellerem Herstellungsverfahren von Feststoffen, sind die chemischen Transportreaktionen.

2.4.4. Chemische Transportreaktionen

% Cheetham 1.3. % H. Sch�fer, Buch Chemische Transportmethoden elegante Methode weit unterhalb der Edukt/Produkt-Mp. nach Harald Sch�fer (M�nster, 1970) Name: - Transport, weil eine gasf�rmige Komponente bewegt wird - chemisch, weil durch chem. Reaktion gasf. Komponente gebildet wird weit verbreitet f�r Synthese/Reinigung von FK div. Varianten Die allgemeine Reaktionsgleichung, eine Gleichgewichtsreaktion, ist:
A(s) + B(g) ⟶ AB(g)
Experimentell werden A und B in einer verschlossener Ampulle erhitzt: Die eigentlichen Transport-Methoden sind:
  1. Strömungsmethoden (Transport im Gasstrom)
  2. Diffusionsmethoden (geschlossenes Rohr oder Gl�hdrahtmethode) Konzentrationsgradient von AB entscheidend
  3. Thermische Konvektion (geschlossenes Rohr oder Glühdrahtmethode) T-Gradient entscheidend
Für Transportrichtung und -temperatur gelten entsprechen der Thermodynamik der Reaktion die folgenden Regeln: Beispiele, spezielle Anwendungen (s. Tabelle)

Tab. 2.4.2. Was auch immer
Kapitel Produkt Reaktionsgleichung T [o C] Bezeichnung
1.1. Ni Ni(s) + 4 CO(g) ⟶ Ni(CO)4 50 -190 oC Mond-Verfahren
Zr Zr + I2 ⟶ ZrI4 200 --> 1300 Van-Arkel-de-Boer-Verfahren
1.2. Cu2O Cu2O(s) + 2 HCl(g) ⟶ \frac23 CuCl3(g) + H2O(g) 600oC --> 900o -
TiO2 TiO2(s) + 4 HCl(g) ⟶ TiCl4(g) + 2 H2O (g) 1000 --> T1 -
1.3. TiN TiN + 3 HCl ⟶ TiCl3(g) + 1.5 H2 + 0.5 N2 1590oC --> 1450oC -
- %% Au %% Au + 1.5 Cl2 ⟶ 0.5 Au2Cl6(g) %% 320---450 %% Transport mit um- %% %% Au + 0.5 Cl2 ----- 0.5 Au2Cl2(g) %% 800---500 %% kehrbarer Tr.-Richtung \hline \hline 2.1 %% FeI2 %% FeI2 + 0.5 I2 ----- FeI3 %% 180(I2)/520(Fe) %% Synthesen im %% %% %% %% Temperatur-Gef�lle \hline 2.2 %% NiCr2O4 %% Cr2O3(s) + \frac32 O2 ----- 2 CrO3(g) %% 1100--->T2 %% Rkt-Beschleunigung %% %% 2 CrO3(g) + NiO(s) ---> NiCr2O4 + \frac32 O2 %% %% durch chem. Transport \hline 1. transportierbare Bodenkörper Anwendung: Trennung und Reinigung 1.1. Elemente kalt nach heiss = exotherme Rkt. - Mond-Verfahren zur Ni-Reinigung (DAS Beispiel) Rkt: Ni(s) + 4 CO(g) ⟶ Ni(CO)4 T: 50 ---- 190 o C - Van-Arkel-de-Boer-Methode (Gl�hdrahtmethode) Rkt: Zr(s) + 2 I2(g) ⟶ ZrI4 T: 200 ---- 1300 o C auch m�glich: Ti u. Si ebenfalls mit I2 Abtrennung von Carbiden, Nitriden, Oxiden hei� nach kalt = endotherme Rkt. - Zersetzung endothermer Verbindungen Rkt: Ir + 1.5 O2 ⟶ IrO3 T: 1352 ⟶ 1130 o C - Disproportionierung Al �ber Subhalogenide: Rkt: Al + \frac12 AlX3 ---- \frac32 AlX T: 1000 ⟶ 600 o C 1.2 Oxide kalt nach heiss exotherme Rkt. Rkt: Cu2O(s) + 2 HCl(g) ⟶ \frac23 CuCl3(g) + H2O(g) T: 600 ⟶ 900 o C heiß nach kalt endotherme Rkt. Rkt: TiO2(s) + 4 HCl(g) ⟶ TiCl4(g) + 2 H2O (g) T: 1000 ---> T_1 o C 1.3 andere Verbindungsklassen diverse, z.B. TiN �ber TiCl4 mit HCl Spezial: Rkt, die als f(T) in unterschiedliche Richtungen laufen: a) wegen unterschiedlicher Transportspezies: Au + \frac32 Cl2 ---> \frac12 Au2Cl6(g); 320 ---> 450 o C (exotherm) Au + \frac12 Cl2 ---> \frac12 Au2Cl2(g); 800 ---> 500 o C (endotherm) b) in Abh�ngigkeit der Partialdrucke 2. echte Reaktionen (Präparative Verfahren) 2.1. Synthesen im Temperaturgef�lle Transportmittel reagiert mit! eines der �ltesten bekannten Beispiele: - Herstellung von FeI2 nach Guichard (1907) - Fe + I2 im Rohr mit T-Gradienten: Fe(530 oC) + I2 (180 oC) erhitzen - im Rohr dazwischen ---> Bl�ttchen von FeI2 - Transport �ber FeI3: - Rkt.: FeI2 + 0.5 I2 ⟶ FeI3 entsprechend auch f�r Nb- und Ta-Halogenide; IrO2 �ber IrO3 (Passivierung) 2.2 F�rderung von Reaktionen zwischen festen Stoffen Zusatz von Transportmittel, nicht im Produkt enthalten allgemein: - statt langsamer Festk�rperreaktion: A(s) + B(s) ----- AB(s) - bei 2 Temperaturen: T2: A(s) + C(g) ⟶ AC(g) T_1: AC(g) + B(s) ⟶ AB(s) + C(g) Beispiel: NiCr2O4 (Spinell)-Darstellung - O2-Zusatz; T: 1100 ⟶ T2 Cr2O3(s) + \frac32 O2 ⟶ 2 CrO3(g) 2 CrO3(g) + NiO(s) ⟶ NiCr2O4 + \frac32 O2

2.4.5. Modifizierung als Synthesemethode: Austausch und Intercalation

Auch Verfahren zur Modifizierung von Festkörpern (natürlich oder vorher synthetisiert) sind präparativ wichtig. Die wichtigsten Reaktionstypen sind Intercalation (Einbau neuer Atome in bestehende Festkörper) und Austausch (Ersatz von im Festkörper vorhandenen Atomen/Ionen gegen neue). I.A. handelt es sich dabei um reversible Prozesse. Voraussetzungen des Festkörpers sind entweder 'offene' Strukturen mit Kanälen oder Tunnelsystemen (z.B. Zeolithe), Schichtstrukturen oder lamellare Strukturen (wie z.B. Graphit, TiS2). Typische Beispiele sind im folgenden zusammengestellt:
a) Intercalation
b) Austausch (meist Ionenaustausch)
Auch hier kann man wieder unterscheiden in modifizierbare Schicht- und Raumnetzstrukturen. Dieses Beispiel zeigt bereits, dass auch Modifikationen von Festkörpern (nicht nur technisch) wichtige Synthesemethoden darstellen.

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