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Inhalt 1. Bau + Strukturen 2. Reaktionen + Synthesen 3. Eigenschaften + Anwendungen
Vorlesung: Festkörperchemie

3. Eigenschaften und Anwendungen von Festkörpern

3.1. Übersicht


Vorlagen


Die Anwendungsbereiche von Festkörpern sind sehr vielfältig und letztlich Grund für die Etabilierung des eigenen Faches Materialwissenschaften. Vor der eigentlichen Anwendung steht für uns als Chemiker das Verständnis der Eigenschaften ausgehend von der Festkörperstruktur (inkl. der Baufehler usw.) und der chemischen Bindung bzw. allgemein der elektronischen Struktur. Daneben ist auch die Herstellung der Festkörper für die Materialchemie wichtig. Die generelle Besonderheiten kristalliner Festkörper ist die Tatsache, dass die Atome, Ionen oder Moleküle in wohldefinierter Umgebung vorliegen (definierte (Punkt)-Symmetrie und Abstände). Dies ist z.B. wichtig für die Anwendung der Materialien als Laser bzw. für Lumineszenz-Effekte. Zudem sind kooperative Effekte, die auf einer definierten Wechselwirkung der Teilchen untereinander basieren, nur in Festkörpern möglich (z.B. Wechselwirkung der Elektronenspins in Ferromagneten). Eine weitere Besonderheit von kristallinen Stoffen ist, dass sie bezüglich ihrer Eigenschaften meist nicht isotrop sind. Die Eigenschaften sind also richtungsabhängige (Vektor- und Tensor)-Eigenschaften). Beispiele sind optische Eigenschaften (Indikatrix) oder elektrische Polarisationen bei Piezoelektrika.

Allgemein können folgende Kategorien physikalischer Eigenschaften unterschieden werden:

  1. Polarisations-Effekte oder statischer Response: Polarisationen im Festkörper, der dabei im thermodynamischen Gleichgewicht bleibt, treten auf, wenn ein unendlich hoher Transport-Widerstand bei Änderung/Einwirkung äußerer Parameter/Felder (als Ursache) Änderung der Eigenschaften (als Wirkung) auftritt.
  2. Transport-Effekte oder dynamischer Response: Beim Transport Abweichung vom Gleichgewicht bei Änderung/Einwirkung äußerer Parameter/Felder (Ursache) Fluß von Teilchen, Ladungsträgern usw. (Wirkung) Als Beispiel für die Einwirkung (Ursache) von elektrischen Feldern:

3.1.1. Polarisationseffekte

Die Prinzipien sind f¨r diese beiden Gruppen immer gleich. Im Fall der Polarisationseffekte gilt die allgemeine Formel χYX =δ YδX wobei δY f¨r die Wirkung steht, die der Gradient δX (als Ursache), versacht: δY Wirkung =χYX δ XGradient,Ursache Bei Änderung einer Grösse X, die selber eine skalare oder vektorielle sein kann, (Ursache) beschreibt die Materialkonstante χ, wie sich Y ändert (Wirkung). Häufig bestehen dabei lineare Abhängigkeiten, besonders bei kleiner, langsamer Änderung. Z.B. bewirkt eine mechanische Spannung eine Deformation (Dehnung), die nach dem Hook'sches Gesetz proportional zueinander sind. χXY ist also eine Materialkonstante für die Eigenschaften/Felder/Grössen X und Y. Wenn X und Y richtungsabhängige Grössen sind, ist χ ein Tensor (auch höherer Stufe). Das Verhalten kann auch von der Vorbehandlung abhängen oder nicht proportional sein (Hysterese). χ ist zusätzlich i.A. frequenzabhängig (z.B. Impedanz statt Gleichstromwiderstand). Je nach X und Y haben diese Materialkonstanten unterschiedliche Namen. Man kann nach direkter (in Tab. auf der Diagonale) oder indirekte (Nichtdiagonale) E-Kopplung. Die bunte Tabelle enthält eine Übersicht.

Tab. 3.1.1. Übersicht Polarisations-Eigenschaften von Festkörpern
Ursache X ⇒Temperatur elektrisches Feld Magnetfeld mechanische Spannung
Wirkung Y ⇓T [K] Ei [V/m] Bi [Vs/m2] σi,j
Entropie Wärmekapazität elektrokalorischer Effektmagnetokalorischer Effekt
S [J/m2s] χST =cp =δ SδTT χiSE =δ SδE χiSB= δSδ B χi,j Sσ= δSδ σ
elektrische Polarisation pyroelektrischer Effekt elektrische Suszeptibilitätmagnetoelektr. Efffekt piezoelektrischer Effekt
Pk [Asm2] χkPT =δP δT χi,k PE= δPδ E χi,k PB= δPδ B χi,j ,kPσ =δ Pδσ
piezoelektrische Moduln
Magnetisierung pyromagnetischer Effekt elektromagnetischer Effekt magnetische Suszeptibilität piezomagnetischer Effekt
Mk [A/m] χkMT =δ MδT χi,k ME =δ MδE χi,k MB= χμ= δMδ B χi,j ,kM σ= δPδ σ
piezomagnetische Moduln
mechanische Deformation thermische Ausdehnung reziproker piezoelektrischer Effekt (Elektrostriktion) reziproker piezomagnetischer Effekt Spannungstensor
ϵk,l [A/m] χk, lϵT =α k,l =δ ϵδ T χi,k ,lϵ E= δϵδ E χi,k ,lϵ B=χ μ= δϵδ B χi,j ,k,l ϵσ =δ ϵδB
thermischer Verzerrungstensor piezoelektrische Moduln piezomagnetische Moduln elastische Elastizitätsmoduln

Die obere Reihe der Tabelle enthält die Ursachen, z.B. die Änderung der äußeren Temperatur, des elektrischen (E) und des magnetischen (B) Felds sowie die mechnanische Spannung. In der linken Spalte sind die Änderungen einer bestimmten Materialeigenschaft gelistet. Neben direkt engeriegekoppelten Größen (Diagonale der Tabelle) gibt es auch indirekte Kopplung (Nebendiagonalen), d.h. es sind letztlich beliebige Kombinationen zwischen Ursache und Wirkung denkbar. Durch die Zahl der Indizes ist angedeutet, ob es sich bei den Materialkonstanten um Vektoren (ein Index) Tensoren 2. Stufe (zwei Indizes) oder höherer Stufe (drei, vier .. Indizes) handelt.

Fazit Tabelle: Die Diagonalelemente beschreiben direkte Eigenschaftsänderungen. Bei Linearität liegt der 'Normalfall' der Physik vor, die Energieart ist gleich. unten: Abweichungen von der Linearität Nebendiagonalelemente beschreiben eher 'unerwartete' Sekundäreffekte, die aber für die Anwendungen sehr interessant sind, da sie Umwandlungen von Energie-Arten ermöglichen. Z.B. bewirkt beim pyroelektrischen Effekte Wärme, T-Gradient eine elektrische Spannung. Beim piezoelektrischen Effekt bewirkt ein elektrisches Feld (Spannung) eine mechanische Deformation.

Abweichungen von der Linearität nennt man in allen Fällen ferroische Eigenschaften. Diese sind praktisch nur für Hauptdiagonale interessant. Die Arten der Wechselwirkung sind in Abbildung 3.1.1. zusammengestellt.

Abb. 3.1.1. Nichtlinearitäten X-Y (ferroische Eigenschaften) ‣ SVG
Für die Spalten 2 bis 4 ergibt sich jeweils für elektrische, magnetische und mechanische Felder: Alle ferroischen Eigenschaften sind in einheitlicher Weise temperaturabhängig (s. Abb. 3.1.X)
Abb. 3.2.2. Temperaturabhängigkeit ferroischer Eigenschaften ‣ SVG
Die Temperaturen, oberhalb derer die ferroischen Eigenschaften verschwinden, nennt man im Fall von ferro und ferri Curie, im Fall des antiferro-Verhalten Neel-Temperatur.

3.1.2. Transporteffekte

Für Transporteffekte (dynamischer Response, Nicht-Gleichgewicht) gilt die allgemeine Formel: JY Fluss=- aYX Transport-Koeff. X Gradient Gradient bzw. äußeres Feld Transport im FK mathematisch: $a_{i,y}$: symmetrischer Tenor 2. Stufe (Onsager) max. 6 Elemente meist einfache Proportionalit�t Diagonalglieder einfache Physik Nebendiagonal-Glieder exotischer Die entsprechende tabellarische Übersicht findet sich in Tabelle XXY.

Tab. 3.1.2. Übersicht Transport-Eigenschaften von Festkörpern
∇X ⇒Gradient
Fluss JY ∇T [K/m] ∇p [kg/m2s2] ∇Nv [m-4] ∇U [V/m]
Wärme Q Wärmeleitung mechanokalorischer Effekt Diffusionswärme Peltier bzw. 2. Benedicks-Effekt
[J/m2s] dQdt =- λAdT dz - - -
Masse m thermomechanischer Effekt Massetransport Diffusionsdruck -
[kg/m2s] - dmd t=konst.ηd pdz - -
- - Viskosität (Hagen-Poiseuille Gesetz) - -
Teilchenzahl N Thermodiffusion Druckdiffusion Diffusion Elektrophorese
[m-2s-1] - - dNdt =- DdNd z -
- - - Diffusionskonstante (1. Fick'sches Gesetz) -
Ladung q Seebeck/1. Benedicks-Effekt - Strömungsstrom Elektrizitätsleitung
[A/m2] - - - dqd t= σAdU dz
- - - - Leitfähgikeit (Ohm'sches Gesetz)
Die obere Reihe beschreibt einen Gradienten (in Richtung z) der Feldgrösse X, z.B. In der linken Spalte sind die resultierenden Ströme/der Transport $J_Y$ (Einheit pro Zeit und pro Fläche) angetragen. Auf der Diagonale liegen die jeweils naheliegende Transporteffekte, bei Linearität ergeben sich die bekannten physikalische Transportgesetze: Auf der Nebendiagonale finden sich eher ungewöhnliche Sekundäreffekte die z.T. nur relativ exotisch sind. Nur einige davon sind wichtig:
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